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Brasil Ride 2012

Brasil Ride 2012

25.11.12 10:53 10.027Text: NoNetFotos: Brasil Ride (A. Tavares, F. Piva, F. Monteiro, I. Padovani), NoNetSein 20. Etappenrennen führte Axel Strauss zu einem siebentägigen Teambewerb im Nordosten Brasiliens. "Nichts für Warmduscher" konstatiert der Stage Race-Spezialist in seinem Tagebuch ...25.11.12 10:53 10.060

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25.11.12 10:53 10.0605 Kommentare NoNet Brasil Ride (A. Tavares, F. Piva, F. Monteiro, I. Padovani), NoNetSein 20. Etappenrennen führte Axel Strauss zu einem siebentägigen Teambewerb im Nordosten Brasiliens. "Nichts für Warmduscher" konstatiert der Stage Race-Spezialist in seinem Tagebuch ...25.11.12 10:53 10.060

Brasilien. Unendliche Weiten. Regenwälder im Norden, Gebirge im Süden, Savannen im Westen, Großstädte im Osten. Ein im Verhältnis winzig kleiner Teil dieses flächen- und bevölkerungsmäßig fünftgrößten Staates der Erde ist der Nationalpark Chapada Diamantina im Bundesstaat Bahia. Dort findet seit 2010 das Etappenrennen Brasil Ride statt, nächstes Jahr wird der „Ultramarathon“ als World Class-Event offiziell im Kalender der UCI gelistet sein. Viele (Süd-)Brasilianer, Argentinier und Chilenen nehmen daran teil, kaum Amerikaner oder Asiaten, und wenn Europäer, dann am ehesten Tschechen.
2012 war mit Axel Strauss und Edward Szraucner ein österreich-polnisches Master-Duo am Start. Und das ist ihr Tagebuch.

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19.09.
In Kürze geht’s also los Richtung Brasilien. Die Koffer sind gepackt, der anschließende Strandurlaub ist geplant. Ansonsten habe ich mich noch relativ wenig mit dem beschäftigt, was bei meinem insgesamt 20. internationalen Etappenrennen auf mich zukommen wird. Ich weiß gerade Mal, welche Services im Startpaket von 2.500 Real (ca. 950 Euro) inkludiert sind, wie viele Tage ich zu fahren habe und wo wir uns ungefähr aufhalten werden. Nachdem mein Partner Edward Szraucner aber bereits im Vorjahr (kurz, aber doch) teilgenommen hat, wird mir mein ansonsten liebster Gegner sicher noch wertvolle Tipps vor Ort geben können. Gemeinsam werden wir in der Masters-Klasse (beide über 40) starten.

20.09.
Ich bin froh über meinen Zwischenstopp bzw. Kurzaufenthalt in Lissabon. Die Altstadt ist echt sehenswert und ein ideales Pflaster zum Ausgehen: Ein Bier kostet nur 1,40 Euro! Aber nicht nur deshalb war die Nacht kurz. Mein Hotelzimmer lag direkt an der sechsspurigen Hauptstraße, die Oropax waren leider im Großgepäck.

21.09.
Der Weiterflug nach Salvador war ruhig und ich und bin soeben eingetroffen. Alles paletti, das Rad ist auch heil. Der Bundesstaat Bahia im Nordosten Brasiliens empfängt mich mit angenehmen 28 Grad und Sonnenschein! Mein Teampartner Eddy ist etwas nervös wegen der starken Konkurrenz bei den Masters ...

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22.09.
Zeitig in der Früh ging's wieder zurück zum Flughafen, wo wir uns mit weiteren Teilnehmern trafen. Wir sammelten uns zum Transfer in den Nationalpark Chapada Diamantina: drei Busse voller ModellathletInnen und zwei Trucks voll mit den hochwertigsten Bikes der Welt.

Den vorab vernommenen Horrorgeschichten bezüglich Überfällen auf Reisegruppen hatte ich ja eigentlich wenig Glauben geschenkt. Als ich jedoch sah, welchen Begleitservice der Veranstalter für unseren Konvoi organisiert hatte, wurde mir bewusst, dass an diesen Geschichten wohl doch etwas Wahres dran sein musste. Mehrere Jeeps mit bis an die Zähen bewaffneten Militärpolizisten fuhren voraus bzw. hinten nach, und bei jedem Zwischenstopp sicherte zuerst die Eskorte mit ihren Maschinengewehren, Pistolen und Schutzwesten das Gelände.

Nach zehn Stunden Busfahrt mussten wir noch im Dunkeln die Räder auspacken und zusammenbauen. Danach versuchten wir, so gut wie möglich zu regenerieren, denn der Prolog am nächsten Tag soll technisch sehr anspruchsvoll sein ...

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23.09.
Die Prolog-Strecke hatte XC-Worldcupniveau! Die Fakten: Lediglich 19 km und 300 Hm, diese allerdings waren extrem verblockt und schwierig zu fahren. Nach der Besichtigung am Vormittag war uns klar: Es galt einen Kompromiss zu finden zwischen größtmöglicher Schonung von Mensch und Material und kleinstmöglichem Zeitverlust.
Im Rennen lief es dann eigentlich ganz gut, wir verpassten um knapp 30 Sekunden das Masters-Podest, für die Gesamtwertung hat dieser Rückstand aber noch nichts zu sagen. Zumal uns morgen gleich die Königsetappe erwartet mit über 3.000 Höhenmetern auf 150 Kilometern … Wir werden um 6 Uhr früh starten – ob uns da der Jetlag vielleicht Vorteile bringt?

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24.09.
Die Königsetappe von Mogue nach Rio de Contas mit 148 km und 3.230 Hm ist geschafft. Gott sei Dank hat mich mein Partner Edward gebremst, sonst wäre ich wahrscheinlich eingegangen. Die Strecke hatte von allem etwas, etwa die Hälfte war sandig wie die Crocodile Trophy, 40 % mitten durch den Regenwald wie beim La Ruta und 10% ähnelten den Schottertrassen am Gardasee. Nach 110 Kilometern konnten wir zu den führenden Masters aufschließen. Abrao Azevedo und Paulo Borges hielten jedoch dagegen, und wir erreichten das Camp als zweitplatziertes Master-Duo. Insgesamt waren wir unglaubliche 7:28 Stunden unterwegs, viele andere Fahrer fuhren bis weit in die Dunkelheit hinein.

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  • Luis Leao Pinto.Luis Leao Pinto.
    Luis Leao Pinto.
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25.09.
Zur Erholung von der Mörderetappe tags zuvor hat sich der Veranstalter einen geschickten Schachzug einfallen lassen: ein Cross Country im Grand Prix-Modus. Wer also vom Vortag noch völlig erledigt war, konnte in der Zeit, in welcher der Sieger fünf Mal sieben Kilometer abspulte, auch nur eine Runde drehen und blieb damit dennoch in der Wertung. Außerdem zählte nicht die langsamere sondern die Durchschnittszeit der beiden Teampartner.
Für mich war der XC mein erster seit rund einem Jahrzehnt. Nach der Streckenbesichtigung war mir klar, dass eine Woche im Bikepark am Semmering in die Trainingsplanung gehört hätte und eine spezifischere Vorbereitung gewesen wäre als Rennrad-Marathons ...
Nach einem misslungenen Start, ich wurde beinahe in einen Sturz verwickelt, konnte ich bergauf zu Bart Brentjens aufschließen und ihn in der technischen Abfahrt sogar überholen - ein Kindheitstraum wurde wahr! Allerdings gelang es mir bereits in der zweiten Runde nicht mehr, sein Tempo zu halten. Ich versuchte, meinen Rhythmus zu finden, wurde nicht überrundet und finishte schließlich einen Platz hinter dem Olympiasieger von 1996. Eddys und meine gemeinsame Leistung reichte für den 3. Platz bei den Masters.

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Detailansicht

26.09.
Vierter Tag, und erst heute bemerke ich eine lustige Verwechslung: Ich bin mit einem Polen im Team und wir sind in den Ergebnislisten als Deutsche geführt. So weit, so falsch. Aber laut Landesflagge auf meiner Startnummer bin ich außerdem Australier! But there are no kangaroos in Austria!

Die 4. Etappe, ein Rundkurs bei Rio de Contas, hatte 82 km und 2.300 Hm. Es war extrem heiß, an die 50°! Dem nicht genug, habe ich nach 45 Kilometern, gerade, als wir zu einer starken Gruppe aufgeschlossen hatten, den Flaschenkorb verloren. Zumindest die Flasche zu bergen und ins Trikot zu stecken, war sinnlos. Ein nachkommender Fahrer ist drübergefahren, das Ding war sofort kaputt.
Am letzten Anstieg habe ich mich dementsprechend gefühlt - wie in der Sauna nach dem Aufguss! Erst bei km 71, am Ende eines langen Anstiegs in praller Sonne, kam die rettende Labe. Ich war schon halb verdurstet, was man mir offensichtlich auch angesehen hat: Ich bekam sofort eine Ladung Wasser über den Kopf.

Landschaftlich war es aber eigentlich eine sehr schöne Etappe mit richtig flowigen Singletrails und herrlichen Ausblicken. Wir sind erneut Zweite geworden - Morgen ein neuer Angriff!

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27.09.
Die 5. Etappe über 132 km/1.950 Hm führte durch eine der trockensten Gegenden Brasiliens. Es regnet hier angeblich nur alle fünf Jahre. Gottseidank war der Himmel bedeckt, sodass wir nicht von der Sonne gebraten wurden. Mühsam waren nur die 60 km Wellblechpiste und der starke Gegenwind. Wir sind fast die ganze Etappe mit den führenden Masters gefahren, Edward hat gekämpft wie ein Tier – was sich am Schluss auch gelohnt hat. Wir haben endlich eine Etappe gewonnen! Gesamt liegen wir jetzt auch schon auf dem 10. Platz.

28.09.
Die letzte lange Etappe hatte nochmals 119 km und 1.465 Hm. Ehrlich gesagt, war sie relativ langweilig: Bummelzug bis zur ersten Labe, Mondlandschaft mit Sand in allen Farben … Das Klassement ist größtenteils entschieden, zudem wirkten alle Fahrer müde. Ein 600 Hm langer Schlussanstieg vereitelte den Sieg einer Ausreißergruppe. Wir ließen es ruhig angehen und erreichten als 2. Masters das Ziel.

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29.09.
Die Schlussetappe über lediglich 60 km und 650 Hm wäre an sich eine leichte Übung gewesen - wenn sie nicht wieder über Teile der Prolog-Strecke geführt hätte. So allerdings waren bis zum letzten Meter Kraft und Konzentration gefordert. Als Dritte bei den Masters konnten wir unsere gute Platzierung in der Gesamtwertung verteidigen. Unser Endergebnis nach einer Woche Konzentration und Leiden: 2. Masters und gesamt 10.!

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30.09.
Die 8. Etappe war die Finisherparty. Diese nahm quasi kein Ende und wir sind direkt im Anschluss per Bus nach Salvador. Jetzt lassen wir es uns richtig gut gehen: Caipirinha, Krabben und Faulenzen am Strand! Einige weitere Tage im Nationalpark wären zwar auch nicht schlecht gewesen, weil wir aus organisatorischen Gründen (eigentlich sind wir in Varianten zwischen zwei Etappenorten hin und her bzw. um sie herum gefahren, haben uns also nicht täglich weiter ins Land bewegt) die vermutlich schönsten Teile dieser faszinierenden Landschaft gar nicht gesehen haben; trotzdem: der kommende Urlaub wird sicher auch fein!

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Fazit

Organisatorisch war das Brasil Ride bestens aufgestellt, vom leckeren Essen bis zur ärztlichen Versorgung war alles dabei. Die 600 km lange Strecke war sehr gut ausgeschildert. Nach jeder Etappe konnte man sein Bike mit dem Dampfstrahler waschen, beim Mechaniker-Team eventuelle Defekte beheben lassen und es sodann im Bikepark mit 24 Std. Security sicher aufbewahren.

Brasil Ride ist sicher kein Rennen für Warmduscher, da die Etappen sehr lang sind. Man hat endlose Abschnitte mit Waschbrett-Schotterpisten und ständigen Staubwolken, oft extremen Gegenwind und Temperaturen bis 50 Grad. Dazwischen warten häufig technische Sektionen wie bei einem schwierigen Cross Country, oder gar Trial-Passagen an der Grenze des Fahrbaren.
Die Strecken stecken voller Überraschungen und kosten viel Kraft und Konzentration. Viele Erdstraßen haben in der Mitte einen Buckel hart wie Stein. Die seitlichen Spurrillen wiederum sind voll mit feinem Sand, in dem man sofort steckenbleibt. Im Windschatten des Vordermannes ging man immer das Risiko ein, bei einem Fahrfehler mit zu Sturz zu kommen.
Die Singletracks mit verblockten Felsen und meterhohen Stufen drückten die Durchschnittsgeschwindigkeit erheblich. Das Begleitmotorrad benötigte für die längste Etappe über 150 km fast sechs Stunden, wir haben's aus eigener Kraft in knapp 7,5 Stunden geschafft.

Um bei dem Rennen gut abzuschneiden, braucht man natürlich auch jede Menge Glück und ein robustes Bike (in meinem Fall KTM Myroon 26er-Hardtail). Wir hatten diesmal offensichtlich von beidem jede Menge: Wir mussten kein einziges Mal wegen technischer Probleme anhalten, nicht einmal ein Patschen bremste uns!

Obwohl das Rennen also insgesamt sehr schwer war, ließen uns die herzliche und freundliche Art der Brasilianer, die begeisterten Leute am Streckenrand und die überall vorhandene Hilfsbereitschaft Schmerz und Leid rasch vergessen. Die Erinnerung an die einzigartige Atmosphäre bei dem Rennen bleibt sicher lange im Gedächnis!

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