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Canyon Strive CF 9.0 Team

Canyon Strive CF 9.0 Team

03.06.15 12:08 24.375Text: Ralf Hauser
Ralf Hauser
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Fotos: Ronald Kalchhauser/karo.xyz, Chiara Stifer, NR22.com
Das Canyon Factory Enduro Team vertraut im Rennbetrieb auf das Strive CF. Verständlich, wurde es doch mit seiner Hilfe erschaffen. Wir wollten wissen: Mutiert das Bike mit Shapeshifter-Technologie und Carbon-Rahmen tatsächlich bergauf wie bergab zum Tausendsassa?03.06.15 12:08 24.398

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03.06.15 12:08 24.3987 Kommentare Ralf Hauser
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Ronald Kalchhauser/karo.xyz, Chiara Stifer, NR22.com
Das Canyon Factory Enduro Team vertraut im Rennbetrieb auf das Strive CF. Verständlich, wurde es doch mit seiner Hilfe erschaffen. Wir wollten wissen: Mutiert das Bike mit Shapeshifter-Technologie und Carbon-Rahmen tatsächlich bergauf wie bergab zum Tausendsassa?03.06.15 12:08 24.398

Fast eine ganze Rennsaison lang wurde darüber gegrübelt, was sich wohl unter der geheimnisvollen Verkleidung des Hinterbaudämpfers des Canyon Factory Enduro Teams verstecken würde. Dann endlich die Enthüllung, und, tatatataaaa: das Shapeshifter-System!

Ein zusätzlicher Gasdämpfer, welcher sich vom Lenker aus aktivieren lässt, versteckt sich innerhalb der Wippe und variiert die Anlenkung des Hinterbauelements auf der Schwinge. Verändert sich die Position zwischen dem XC- und DH-Modus, verändern sich gleichzeitig der Federweg, die Federkennlinie, sowie der Lenk- und Sitzwinkel samt Tretlagerhöhe.

Wir orderten das Team-Modell, um am besten verstehen zu können, aufgrund welcher materialtechnischer Voraussetzungen das Werksteam des Versandhändlers so schnell unterwegs ist. Witzig, dass einige Tage, nachdem wir unser Testbike erhalten haben, verkündet wurde, dass das Enduro-Team 2015 mit RockShox-Federung an den Start gehen würde.

Dem Test tat diese Änderung keinen Abbruch. Für Fahrer, die es ihren Vorbildern gleichtun wollen, hat Canyon auch in dieser Saison bereits Modelle des Strive CF mit RockShox-Ausstattung im Programm.

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Der Rahmen

Gefertigt aus Carbon-Fasern, wiegt der Rahmen um die 2.500 g ohne Hinterbauelement, aber inklusive der ca. 200 g schweren Gasdruckfeder, die das Herz des Shapeshifter-Systems darstellt. Diese liefert je nach Stellung 160 mm (DH-Modus) oder 130 mm (XC-Modus) Federweg, sowie eine angepasste Federkennlinie. Einer der Vorteile des Shapeshifter-Systems liegt darin, dass ein herkömmliches Hinterbauelement im Rahmen verbaut werden kann.

Eine eingefasste Anti-Chainsuck-Platte schützt das Rahmenmaterial vor Beschädigungen. Das Tapered-Steuerrohr ist für die Verwendung von Gabeln mit konischem Steuerrohr ausgelegt. Das Resultat: Höhere Steifigkeit im Lenkkopfbereich für präzises und direktes Handling.
Mittels Steckachse ohne Schnellverschluss im Format 142 x 12 mm wird, wie könnte es auch anders sein, für höhere Steifigkeit des Hinterbaus gesorgt. Durch Führungsnuten im Ausfallende kann der Ein- und Ausbau des Hinterrades schnell und effizient erfolgen.

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Geometrie

Eine einstellbare Geometrie ist immer ein gerne gesehenes Feature. Canyons Herangehensweise an das Thema und Lösung mit der Shapeshifter-Technologie ist aber einzigartig. Nicht, dass es bisher keine Anpassungs-Konzepte anderer Hersteller gegeben hätte; aber das System von Canyon hat wirklich Hand und Fuß.

In Bezug auf die Messwerte hat Canyon den neuesten Trend hin zu einem längeren Reach zusammen mit Teamfahrer Fabien Barel analysiert und in das Gesamtkonzept einfließen lassen. Ergänzend zu den "normalen" Größen S, M, L, XL werden nunmehr Rahmengrößen mit längerem Reach für die korrelierende Körpergröße mit der Zusatzbezeichung Pro versehen. Will heißen: ein M entspricht quasi einem S Pro, ein L Pro einem XL usw.usf. Deshalb findet sich im Fall unseres Small Pro auch das Kürzel für Medium (insgesamt also: M/S Pro) am Oberrohr.

Für den Endverbraucher bedeutet dies, dass er entweder nach seinem herkömmlichen Größenverständnis den passenden Rahmen finden kann, oder aber nach dem neuen Geometrie-Verständnis zu einem Rahmen mit längerem Reach und kürzerem Vorbau greifen kann. Somit wird die Sitzrohrlänge - die beim Strive dementsprechend eher auf der kürzeren Seite gehalten wird - zum eigentlichen begrenzenden Faktor, will man mit Teleskop-Sattelstütze fahren.

Das Strive CF 9.0 Team ist in drei Rahmengrößen erhältlich (M/S Pro, L/M Pro, XL/L Pro). Um ein Modell in Größe S zu erhalten, muss man sich beim Strive CF 8.0, CF 9.0 SL oder CF-Rahmenkit umsehen. Insgesamt gibt es fünf Carbon-Modelle mit unterschiedlicher Ausstattung, sowie vier Alu-Versionen des Strive AL.
Unser Strive CF 9.0 Team wartet in Größe S Pro mit 422 mm Reach, 66/67,5 Grad Lenkwinkel und 73,5/75 Grad Sitzwinkel auf. Die Kettenstreben sind mit 423 mm für ein 27,5"-bereiftes Bike sehr kurz, der Radstand mit 1.158 mm auf der laufruhigen Seite.

 Das Wort Allrounder wird gerne einmal in den Raum geworfen; beim Strive CF trifft es aber voll zu.  

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Geo-Daten

GrößeM/S ProL/M ProXL/L Pro
Lenkwinkel66/67,566/67,566/67,5
Sitzwinkel (effektiv)73,5/7573,5/7573,5/75
Horizontales Oberrohr600629648
Radstand115811881207
Kettenstrebe423423423
Steuerrohr115125135
Reach 422 448 468
Stack 606 615 627

Komponenten

Wo Team draufsteht, ist auch Team drinnen. Dementsprechend robust fällt die Wahl der Komponenten des 9.0 Team-Modells aus:
Angefangen bei der Lenkzentrale (bestehend aus dem 780 mm breiten Renthal Fatbar Carbon und kurzem 40 mm Renthal Apex-Vorbau) über die Mavic Crossmax Enduro-Laufräder und -Reifen (Crossmax Charge 2,4" an der Front, New-School Roam XL 2,2" am Heck) bis zur Schaltarbeit. Diese wird von Srams Top Elffach-Gruppe, der XX1, samt XX1 Carbon-Kurbel mit 34er Kettenblatt übernommen.
Die Federungsarbeit teilen sich die Fox 36 Float RC2 FIT Factory-Federgabel und der Float X CTD Factory-Hinterbaudämpfer. Beide freuen sich über das schlüpfrige Kashima-Coating für bestes Ansprechverhalten.

Mit einem Gesamtgewicht von 13,045 kg ohne Pedale spielt das Strive noch in der Liga der leichteren Enduros. Eigentlich fühlt es sich in seinem Handling aber sogar leichter an, als die Waage anzeigt.

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Tech Specs

RahmenCarbonKurbelSram XX1 Carbon, 34 Zahn
GrößenS Pro/M, M Pro/L, L Pro/XLInnenlagerSram XX1 GXP
DämpferFox Float X CTD Factory Kashima, 160/130 mmSchalthebelSram XX1 1x11
GabelFox 36 Float RC2 FIT Factory, 170 mmSchaltwerkSram XX1, X-Horizon, Type 2
VorbauRenthal Apex, 40 mmZahnkranzkassetteSram XX1, 10-42
LenkerRenthal Fatbar Carbon; 780 mmKetteSram XX1
SteuersatzCane Creek 40Kettenführunge.thirteen XCX+
SattelstützeRockShox Reverb Stealth, 125 mmLaufräderMavic Crossmax Enduro 27,5"
SattelErgon SME3 CarbonReifenMavic Charge/Roam XL , 27,5", 2,35"/2,2"
Bremse vo/hiSram Guide RSC, 200/180 mmGewicht13,045 kg (o.P.)
Preis€ 4.899,-

Up

War es vor nicht allzu langer Zeit unvorstellbar, einen Größe S-Rahmen mit einer horizontalen Oberrohrlänge von 600 mm anzubieten, ist dies bei Canyon zur fahrbaren Realität geworden. Und in Kombination mit dem 40 mm kurzen Vorbau geht das Prinzip voll auf. Die Sitzposition ist angenehm sportlich, und auch bei langen Auffahrten bleibt der Rücken entspannt. Darüber hinaus bleibt die Traktion des Vorderrades auch im steileren Gelände gut erhalten.

Wir haben schon immer die Meinung vertreten, dass der Sitzwinkel bei einem Mountainbike gar nicht steil genug für Kletterpartien ausfallen kann. Mit einem aggressiven Winkel von 75 Grad in der XC-Position des Shapeshifters wird auch bei steilen Anstiegen für perfekte Kraftübertragung gesorgt. In puncto Vortrieb liegt hier vielleicht sogar der größte Vorteil des Systems. Ob der Lenkwinkel bei der Auffahrt eineinhalb Grad flacher oder steiler ist, tangiert uns recht wenig. Dass sich auch das Tretlager um 20 Millimeter anhebt ist ein netter Nebeneffekt, damit die Kurbelspitzen bei Steilstufen weniger leicht mit Bodenunebenheiten in Berührung kommen.
Ein kurzer Blick zur Wippe zeigt im Zweifelsfall, in welcher Stellung des Shapeshifters man sich gerade befindet. Zeigt ein kleines Fenster auf der Oberseite eine grüne Farbe, ist es XC, bei schwarzer Unterlegung befindet man sich im DH-Modus. Oft benötigen wird man dieses Feature allerdings nicht, ist der Unterschied zwischen der Abfahrts- und Kletterposition doch deutlich spürbar.

Wir sind uns nicht sicher, ob wir mit der Anpassung des Shapeshifter an das Körpergewicht einfach nur Glück gehabt haben, oder innerhalb der vorgegebenen Richtlinien grundsätzlich ein passendes Verhältnis zwischen Gewicht und Luftdruck leicht zu finden ist. Unser Setup war auf alle Fälle schnell abgeschlossen.
Um in die Kletter-Position zu gelangen, muss man nur den Hebel am Lenker betätigen, das Hinterrad leicht entlasten und schon springt der Dämpfer in seine XC-Position. Es ist nicht notwendig, den richtigen Moment für das erneute Loslassen des Hebels zu finden, bevor das Körpergewicht den Rahmen wieder belastet, da der Wechsel in die DH-Position mehr Körpereinsatz fordert. Dazu aber später.

Um nochmals auf das Thema Vortrieb zurückzukommen: Auftritt der Mavic Crossmax Roam XL-Hinterreifen und dessen hybridartiges Profil mit kleinen Stollen auf der Lauffläche und größeren Seitenstollen. Der Rollwiderstand ist äußerst gering und im ersten Moment kommt es einem vor, als würde ein netter Kollege von hinten anschieben. Natürlich muss man bei der Traktion im losen, steilen und feuchten Gelände etwas Abstriche machen, da der Reifen sich nicht so gut in den Untergrund eingraben kann wie ein Vertreter mit grobstolligerem Profil. Es hilft in solchen Situationen, Belastungsspitzen zu vermeiden und sich mit rundem Tritt vorzubewegen.

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Vortriebshemmend hingegen könnte sich für viele Fahrer das 34er-Kettenblatt der butterweich, aber knackig schaltenden XX1 11-fach-Gruppe auswirken. Zu Beginn der Saison ein Horror für die müden Beine auf steilen Anstiegen, haben wir uns zwar nach und nach mit der recht harten Übersetzung abgefunden (und waren gezwungenermaßen meistens bei Steilstücken die ersten in der Enduro-Gruppe, da wir Geschwindigkeit aufrecht erhalten mussten), aber der Großteil der Mountainbiker würde vermutlich lieber ein 30er- oder 32er-Kettenblatt am Bike sehen wollen. Schaulustige Grüppchen, die sich mehrmals um das Bike an Rastpunkten scharrten, um sich die neueste Technologie anzusehen, bestätigten diese Vermutung mit erschrockenen Gesichtern und eindeutigen Kommentaren, sowie die Sprache auf die Übersetzung kam. Nicht alle haben schließlich die Beine eines Joe Barnes, der in der Enduro World Series mit genau solcher Übersetzung unterwegs ist.
Und nachdem wir schon bei Teilen sind, an denen wir wenig Gefallen gefunden haben, müssen wir auch den Ergon-Sattel erwähnen, der zwar mit seinen Carbon-Rails genial leicht ist, aber bei den zwei Haupttestern in kürzester Zeit ein derartiges Unbehagen ausgelöst hat, dass wir während der gesamten Testperiode auf ein gänzlich anderes Modell gewechselt haben. Aber bekanntlich muss da ja jeder Topf seinen Deckel finden, also ist es eher sinnlos, diesen Punkt in die Wertung aufzunehmen.

Der Hinterbau

Dadurch, dass sich auch die Kinematik mit dem Shapeshifter verändert, verwandelt das Strive nicht nur seine Geometrie, sondern auch seinen Federweg und die Federkennlinie, welche sich in ihrer Gesamtheit Richtung härterem Setup verschiebt. Mit dieser Abstimmung und 130 mm Federweg in der XC-Position wandelt sich das Bike zur vortriebsfreundlichen Berziege. Ein Wippen der Federung wird dabei effektiv unterdrückt - zumindest, solange man im Sattel bleibt. Im Wiegetritt geht das Bike gerne in die Knie.
Die CTD-Option am Fox-Hinterbauelement haben wir trotzdem nicht wirklich verwendet. Gerade einmal auf wirklich langen Asphalt- und Schotterpassagen, als es darum ging, etwas Zeit gutzumachen.
Pedalrückschlag lässt sich auch beim Bezwingen von Steilstufen nicht feststellen. Somit steht einer ungehinderten Fortbewegung nichts im Weg.

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Die Federgabel

Die neue Fox 36 ist eine unserer absoluten Lieblinge in der Klasse der abfahrtsorientierten Modelle. Für alle Details der RC2 finden sich unsere Eindrücke hier. Im Strive CF Team 9.0 kommt eine Version mit 170 mm Federweg ins Spiel. Eine Absenkfunktion gibt es nicht, ist aber dank Shapeshifter auch völlig unnötig. Ebenso vergeblich sucht man eine CTD-Funktion, die wir genauso wenig vermisst haben.

Die Gabel spricht sensibel an und eliminiert Bodenunebenheiten ohne Probleme, scheint aber gleichzeitig recht resistent gegen Wippen zu sein, selbst wenn man die Low-Speed Kompression auf offener Stufe fährt. Im Wiegetritt geht sie naturgemäß in die Knie, aber nachdem niemand versuchen wird, mit diesem Bike bei einem Bergrennen zu starten, kann man damit sicher gut leben.

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Down

Ein kleiner Druck am Hebel des Shapeshifters, und schon verändert sich der Charakter des Bikes spürbar. Die vollen 160 mm Federweg werden in der Abfahrtsposition freigegeben und die Federkennline wandert aufgrund der veränderten Anlenkung des Hinterbauelements auf ein lineareres Niveau.
Anders als beim Wechsel in den XC-Modus, ist beim Schritt zum DH-Modus etwas mehr Körpereinsatz und Timing am Bedienhebel gefragt. Im Endeffekt gleicht die Bewegung einem Schwungholen der Hüften mit Verlagerung des Körpergewichts hinter den Sattel, um die Hinterbaufederung zu komprimieren. Dabei hält man den Auslösehebel des Shapeshifters am Lenker so lange gedrückt, bis sich die Gasfeder komprimiert hat, um im richtigen Moment den Hebel wieder auszulassen. Klingt komplizierter, als es ist, und nach kurzer Eingewöhnungsphase verinnerlicht sich die Bewegung.

Zeigt das Gelände talwärts, fühlt es sich generell gut an, das Körpergewicht bei der Abfahrt etwas Richtung Heck zu verlagern, den Hinterbau in Anlieger und Kurven reinrutschen zu lassen und dann explosiv aus den Kurven wieder hinauszustarten. Der Spaß-Faktor bei solcher Fahrweise ist enorm und ein bisschen durch das Profil des Semislick-artigen Hinterreifens beeinflusst, da bereits bei relativ leichtem Anlupfen der Bremsen dieser an Traktion abbaut und so lange berechenbar rutscht, bis seine gröberen Seitenstollen Grip aufbauen.
Der breite Lenker sorgt für Kontrolle bei Schräglagen, wir mussten den Vorbau aber auf seiner niedrigsten Position montieren, um genügend Druck aufs Vorderrad in Kurven bringen zu können.

Als genial lässt sich auch die moderne Geometrie mit extralangem Reach in Verbindung mit dem 40 mm kurzen Vorbau, langem Radstand und tiefem Tretlager (338 mm in der Abfahrtsposition bei unserem Testmodell) bezeichnen. Sie gibt in High-Speed Passagen und technisch forderndem Gelände genug Selbstvertrauen, um dort noch Gas zu geben, wo man normalerweise schon lange an den Bremsen zupft, weil man sich geistig in die Hosen macht.
Apropos Bremsen: Die Sram Guide RSC verzögern mit der 200 mm großen Scheibe an der Front verlässlich und mit guter Dosierbarkeit. Sie fühlen sich allerdings Sram-typisch etwas schwammiger als ihre größten Konkurrenten eines anderen Herstellers an. Kann man mögen, muss man aber nicht.

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Zum Thema Geometrie noch eine amüsante Erkenntnis: Der 27,5 x 2,2" dimensionierte Mavic Crossmax Roam XL-Hinterreifen gehört mit seinem Minimalprofil nicht zur voluminösesten Sorte. Im Vergleich zum Vorderreifen verliert er 10 mm im Radius bzw. 20 mm im Durchmesser, gemessen an der Außenseite der Stollen. Das Resultat: De facto rollt man auf einem 26"-Hinterrad (nachdem sich das Zollmaß durch das äußere Maß des Reifens und nicht jenes der Felge definiert), vergleicht man die Dimensionen des hinteren Laufrads des Strive CF Team mit dem eines 26"-Bikes mit normal dimensionierten Stollenreifen einer 2,35"-Reifenbreite.

Das würde auch erklären, warum der nachgemessene Lenkwinkel unseres Testbikes um 0,3 Grad flacher war als die Werksangabe versprach. Dementsprechend muss auch das Tretlager um ein paar Millimeter nach unten sinken. Das sehen wir vom Kurven-Handling her allerdings definitiv nicht als negativen Aspekt. Rein theoretisch sind allerdings das Überrollverhalten und die Traktion etwas geringer, als mit dem hochgelobten 27'5" Außenmaß. Aber versprochen: Wer den Unterschied feststellen kann, ohne im direkten Vergleich zwischen den zwei Größen hin- und herwechseln zu können, bekommt eine Medaille.

Andererseits könnte auch der Schluss gezogen werden, dass nicht nur das Profil des Reifens, sondern auch dessen Größe für das rutschfreudige Handling des Hinterbaus verantwortlich zeichnet. Nachdem der Reifen mit keinem höheren Volumen für einen direkten Vergleich erhältlich ist, werden wir es wohl nie erfahren ...

 Gibt Selbstvertrauen um dort noch Gas zu geben, wo man normalerweise schon lange an den Bremsen zupft, weil man sich geistig in die Hosen macht. 

Generell konnte uns die Reifen- und Laufrad-Kombo nicht hundertprozentig überzeugen. Der Einstieg von Mavic als Reifenhersteller vor nicht allzu langer Zeit ist durchaus geglückt, aber mit den Besten der Besten können sie - zumindest im Enduro-Sektor - noch nicht mithalten.

Das Hauptproblem dürfte sich aufgrund der scheinbar etwas zu unterdimensionierten Seitenstollen ergeben. Es fühlt sich so an, als würden diese unter starker Belastung, also bei starken Schräglagen und wenn man Hindernisse wie Wurzeln oder Felsbrocken in einem kritischen Winkel ansteuert, wegbiegen. Dies wird manchmal von einem vernehmbaren Ploppen beim Umknicken der Stollen untermalt und wirkt sich in der Praxis als Traktionsverlust und leicht schwammiges Fahrverhalten aus.

Die ziemlich schmalen (21 mm Innenbreite der vorderen Felge, 19 mm der hinteren) Crossmax Enduro-Felgen verstärken den Effekt etwas. Ihre Haltbarkeit ist allerdings auch bei Durchschlägen bis auf die Felge formidabel, auch, wenn sich während unserer Testphase das Nabenspiel etwas lockerte und wir dementsprechend nachjustieren mussten. Das Erscheinungsbild im Mavic-typischen Gelb bleibt über alle Zweifel erhaben und machte uns zumindest geistig bergab immer gleich ein paar km/h schneller.

Das Strive CF ist das bevorzugte Wettkampfgerät von einigen der erfolgreichsten Enduro-Spezialisten wie Fabien Barel, Ludo May, Ines Thoma und Joe Barnes. Sie waren auch maßgeblich an der Entwicklung beteiligt. Kritik an den Geometriedaten zu üben, könnte somit anmaßend erscheinen; und doch rätselten wir vom ersten Moment an, warum in aller Welt mit einer derart ausgewieften Geometrie-Verstellung nur ein 66-Grad Lenkwinkel für die Abfahrtsposition gewählt wurde.

Gerade hier würde sich ein um ein Grad flacherer Winkel mit geringstem Kompromiss beim Bergauf-Handling durch die Shapeshifter-Technologie anbieten. Nicht, dass wir andeuten wollten, dass das Strive kein hervorragender Abfahrer sei - im Gegenteil. Aber wer schon Bikes mit einem 65-Grad-Setup gefahren ist, kommt nicht umhin einzugestehen, dass ein noch flacherer Lenkwinkel ein extra Quäntchen an Sicherheit und Laufruhe vermittelt, wenn man sich im Grenzbereich bewegt.
Aber vermutlich liegt genau hier die Entscheidung der Konstrukteure. Sieht man sich Joe Barnes Vorliebe fürs Hakenschlagen und Spitzkehren-Umzirkeln an, macht das Geometrie-Setup des Strive absolut Sinn. Die dadurch erreichte Verspieltheit auf engen verschlungenen Trails - welche nicht zuletzt auch durch die 423 mm kurzen Kettenstreben erzielt wird - erhellt ein jedes Gemüt.

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Der Hinterbau

Der Viergelenks-Hinterbau mit Horst-Link arbeitet in jeder erdenklichen Situation (auch beim Bremsen) aktiv und harmonisch. Je nach Setup des Luftdrucks lässt sich das Fahrwerk von sänftenartig bis rennlastig abstimmen.

Die Federkennlinie bewegt sich in der Abfahrtsposition des Shapeshifters auf linearem Niveau. Deshalb hilft es, den Luftdruck im Vergleich zum Körpergewicht höher abzustimmen, um Durchschläge bei schnellem Tempo bzw. größeren Sprüngen oder Drops zu vermeiden. Wir fanden auf alle Fälle Gefallen an dieser Art des Setups.

Überhaupt bekommt man durch das Strive CF den Eindruck, dass man gar nicht schnell genug die nächste Fels- und Wurzelpassage in Angriff nehmen kann. Das Bike ist Zweifelsohne ein Schub für's Selbstvertrauen und Garant dafür, dass man im Lauf der Saison immer schneller wird.

Über das Fox Float X CTD-Hinterbauelement braucht man nicht großartig Worte zu verlieren. Die Performance ist über jeden Zweifel erhaben, die Kontrolle - egal ob bei kleinen, mittleren oder großen Schlägen - auch. Um zur Verstellung der Zugstufe zu gelangen, benötigt der Tüftler allerdings ein Werkzeug, da sich das Einstellrädchen zwischen den Fixierpunkten der Shapeshifter-Gasdruckfeder versteckt.

In ganz seltenen Fällen, wenn das Hinterrad bei hohen Geschwindigkeiten auf eine spezifische Art von Spitzkanten als Hinderniss auftrifft, leidet das Überrollverhalten des Hinterrades etwas darunter. Ein etwas höherer Hauptschwingendrehpunkt (das Lager befindet sich knapp über dem Tretlager) könnte helfen, wir wollen uns da aber nciht zu weit aus dem Fenster lehnen, könnte dies doch auch die sehr gute Gesamtabstimmung des Hinterbausystems beeinflussen.

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Die Federgabel

Um es kurz zu machen: Die Fox Float 36 ist die Federgabel gewordene Inkarnation von Schluckfreudigkeit. Egal, was man ihr in den Weg stellt: Sie kommt mit ihren 170 mm Federweg damit zurecht. Ihr aktives Federungsverhalten gefällt und passt harmonisch zum Hinterbauelement.

Der Federweg ist gut nutzbar, wer gerne Zeit in der Luft verbringt oder größere Drops auf seinen Lieblingsstrecken vorfindet, sollte entweder den Luftdruck erhöhen oder am besten ein oder zwei Tokens in der Luftkammer einbauen, um die Progression der Gabel zu erhöhen und das grausame Geräusch von Metall auf Metall zu vermeiden, das man vernimmt, wenn die Gabel durchschlägt.

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Fazit

Canyon Strive 9.0 Team
Modelljahr:2015
Testdauer:ca. 4 Monate
+On-the-fly-Geometrieverstellung
+Top Fahrwerk
+langer Reach, tiefes Tretlager
+relativ niedriges Gewicht
oTraktion der Reifen
oLenkwinkel dürfte noch einen Grad flacher sein
-Sattel sehr unbequem (Personenbezogen)
BB-Urteil:Egal ob rauf oder runter: bei diesem Enduro fährt der Grinser im Gesicht immer mit.
Das Wort Allrounder wird gerne einmal in den Raum geworfen; beim Strive CF trifft es aber voll zu. Das Bike ist ein Multitalent, das sowohl bergauf als auch bergab nur wenige Schwächen zeigt - nicht zuletzt dank der Shapeshifter-Technologie.

Sie lässt den Kompromiss zwischen abfahrtshungrig und kletterfreudig in seiner besten Form zu und ermöglicht ein so breitbandiges Einsatzgebiet, dass wohl kaum ein Kundenwunsch offen bleibt. Eine ausgedehnte Tour gefällig ... kein Problem. Ein Hatzerl mit Freunden ... immer. Ein Einsatz beim Enduro-Rennen irgendeiner lokalen oder internationalen Rennserie ... sowieso.

Mit kurzen Kettenstreben und dem nicht extremsten Lenkwinkel bleibt das Strive CF trotz langem Reach ein verspieltes Bike, das sich willig in die Kurven schmeißen lässt und motocrossartig mit angehobenem Vorderrad aus den Kurven herausbeschleunigen lässt. Der Spaß-Faktor ist dementsprechend hoch, der eine oder andere Speed-Junkie würde sich allerdings sicherlich einen noch flacheren Lenkwinkel im DH-Modus und andere Reifen wünschen, um die Grenzen noch besser ausloten zu können.

Nicht ganz außer Acht lassen darf man die Tatsachen, dass mit einem Verkaufspreis von € 4.899,- das Strive CF 9.0 Team des Versandhändlers Canyon zu den erschwinglichen High-End Carbon-Enduros mit Top-Ausstattung zählt. Ein weiterer gerne gesehener guter Kompromiss, in dem Fall eben aus Preis und Leistung.


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Das Canyon Factory Enduro Team vertraut im Rennbetrieb auf das Strive CF. Verständlich, wurde es doch mit seiner Hilfe erschaffen. Wir wollten wissen: Mutiert das Bike mit Shapeshifter-Technologie und Carbon-Rahmen tatsächlich bergauf wie bergab zum Tausendsassa?
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  • 2 Wochen später...
wozu der Bericht, wenn's nicht lieferbar ist. Aber auch wenn's lieferbar wäre, eine Einfach Übersetzung, egal ob 30, 32 oder 34 ist ein absolutes no go.

2 fach ist ein schlechter Kompromiss, 3 fach wäre ideal.

 

auf die Lieferzeiten/Lieferbarkeit haben wir leider keinen Einfluss ;)

 

@3-fach: Stellt sich nur die Frage ideal für wen? .... "das ideale Auto für alle ist ein Pickup mit Automatikschaltung" :) ... Ich denke das hängt sehr vom Einsatzzweck und dem Gesamtsetup ab. Für mich ist z.B. die 3-fach der größte Kompromiss. Ich würde AM/Enduro

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wozu der Bericht, wenn's nicht lieferbar ist. Aber auch wenn's lieferbar wäre, eine Einfach Übersetzung, egal ob 30, 32 oder 34 ist ein absolutes no go.

2 fach ist ein schlechter Kompromiss, 3 fach wäre ideal.

 

Also das Strive CF 9.0 Team ist ab Ende Juni bis Anfang Juli (je nach Größe) wieder erhältlich. Ich finde das nicht so schlecht, wenn man bedenkt, dass viele Firmen zu dieser Jahreszeit mit einigen ihrer Modelle ausverkauft sind. Und andere Strive-Modelle sind auch momentan erhältlich.

 

Bezüglich Kettenblättern ist das eine rein persönliche Ansichtssache. Alle meine eigenen Bikes werden niemals mehr einen Umwerfer zu Gesicht bekommen, und fast alle Leute in meinem Umfeld, mit denen ich Biken gehe, sehen die Sache ähnlich. Sieht man sich darüber hinaus die Akzeptanz am Markt an, wurden 1-fach-Systeme in ihrer Berechtigung mehr als bestätigt. Und das gilt nicht nur für Enduro …

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