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Specialized Stumpjumper FSR Expert

Specialized Stumpjumper FSR Expert

04.07.16 10:19 13.383Text: NR22
Ralf Hauser
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Fotos: NR22, Erwin Haiden, Specialized
Hinter kaum einem Modellnamen verbirgt sich so viel Bike-Geschichte wie dem Stumpjumper. Das Full-Suspension-Modell FSR will in seiner letzten Inkarnation auf Trail-Abenteuern bergauf wie bergab begeistern.04.07.16 10:19 13.416

Specialized Stumpjumper FSR Expert

04.07.16 10:19 13.4163 Kommentare NR22
Ralf Hauser
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NR22, Erwin Haiden, Specialized
Hinter kaum einem Modellnamen verbirgt sich so viel Bike-Geschichte wie dem Stumpjumper. Das Full-Suspension-Modell FSR will in seiner letzten Inkarnation auf Trail-Abenteuern bergauf wie bergab begeistern.04.07.16 10:19 13.416

Als Trailbike klassifiziert, darf man sich getrost die Frage stellen, was man sich darunter überhaupt vorstellen soll. Ist es ein Tourenbike? Ein All-Mountain-Gerät oder gar ein All-Mountain-Plus?
Eigentlich egal, denn das selbstauferlegte Ziel von Specialized war es, ein Bike mit unerreichten Allroundeigenschaften auf die Räder zu stellen. Keine leichte Aufgabe.

Mit Carbon, flacherem Lenkwinkel – der vom Evo der vorangegangenen Serie übernommen wurde – und smarten Detaillösungen wollen sie dieser Aufgabe gerecht werden. Wir haben sowohl die 27,5"- als auch 29"-Variante des Stumpjumper FSR Expert für die Dauer eines Wochenendes auf den anspruchsvollen Trails um Latsch herum unter die Lupe genommen.

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Die nackten Zahlen

Rahmen

FACT 9m Carbon nennt Specialized die schwarzen Fasern, aus denen das Stumpjumper FSR geformt ist. Das Molding-Verfahren erlaubt clevere Details wie die innovative SWAT-Öffnung im Unterrohr unterhalb des Flaschenhalters, ein Fach, in dem sich ein Ersatzschlauch und Werkzeug in einer Neoprenhülle verstauen lassen. Schaden soll das der Integrität des Rahmens nicht.
Ein Multitool findet zusätzlich unterhalb der Dämpferbefestigung Platz.

Der Hinterbau besteht aus M5 Aluminium, einer leichten und haltbaren Legierung, die Specialized schon vor langer Zeit für sich entdeckt hat und die immer noch hervorragende Eigenschaften vereint.
Das Federelement wird über die sogenannte FSR 6-Pack Umlenkung angesteuert. Wie es bei Specialized seit Ewigkeiten gang und gäbe ist, kommt ein FSR-Link beim Ausfallende zum Einsatz.
Eine 142 x 12 mm Steckachse ohne Schnellspanner bringt Steifigkeit. Die integrierte Zugführung sorgt für aufgeräumte Optik und, im Fall des Stumpy dank formschöner Einmündung ins Steuerrohr, für scheuerfreie Lenkbewegungen.

Das Rahmengewicht beträgt inklusive Hinterbauelement lt. Hersteller nur ca. 2.900 g bei Rahmengröße M.
Das Stumpjumper FSR Expert ist in vier Rahmengrößen (S, M, L, XL) und in zwei Farben (Satin Carbon/Red/White und Satin Gallardo Orange/Black) erhältlich.
Insgesamt gibt es 14 Ausstattungsvarianten des Stumpjumper FSR. Fünf davon rollen mit 29" Laufrädern, fünf auf 27,5" und vier mit 27,5" Plus (davon auch eines mit identer Ausstattung des Expert). Zusätzlich sind Rahmenkits verfügbar.

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Geometrie

Specialized ist noch nicht auf den Zug mit langem Reach aufgesprungen, auf dem viele Hersteller mittlerweile mit vollem Speed Richtung des momentanen Trends brausen. Will man also auch beim Stumpy Laufruhe über Wendigkeit stellen und zum nächstgrößeren Rahmen greifen (wie wir es in unserem Test gemacht haben), sollte man erst checken, ob die Sattelrohrlänge kurz genug ist für den Einsatz einer Teleskopsattelstütze in Bezug auf die Schrittlänge.

In den meisten Geometriedaten gleichen sich das 27,5"- und 29"-Modell auf den Millimeter oder weichen nur minimal voneinander ab. Selbst bei der Tretlagerhöhe liegen die 335 mm bzw. 336 mm praktisch auf selber Höhe und betten den Fahrer tief ins Rahmendreieck ein – beim 29er sogar konstruktionsbedingt tiefer unterhalb der Naben als beim kleineren Bruder.
Fast schon Rekordwerte werden bei den Kettenstreben erzielt: mit 420 mm beim Expert 650B und 437 mm beim Expert 29 fallen diese extrem kurz aus. Beim Sitzwinkel sind sich die zwei Vertreter unterschiedlicher Reifengrößen mit 74 Grad einig, der Lenkwinkel des 29"-Modells ist mit 67,5 Grad um einen halben Grad steiler als jener des 27,5er.

Geo-Daten 650B

GrößeS MLXL
Lenkwinkel67676767
Sitzwinkel (effektiv)74747474
Horizontales Oberrohr558587618646
Radstand109611261158 1184
Kettenstrebe420420420 420
Steuerrohr95105115 125
Reach388414442 464
Stack590599608617

Geo-Daten FSR 29

GrößeSMLXL
Lenkwinkel67,567,567,567,5
Sitzwinkel (effektiv)74747474
Horizontales Oberrohr566594620651
Radstand1115114311721206
Kettenstrebe437437437437
Steuerrohr9595125145
Reach389417435461
Stack617617645663

Komponenten

Am stolzen Preis von € 5.999,- gemessen, ist die Ausstattung nicht überragend, aber durchaus solide. Srams X1 übernimmt die Schalt- und Shimanos XT die Bremsarbeit. Beide überzeugen in Haltbarkeit und Funktion, die kleinen Bremsscheiben an Rahmen der Größe S und M werfen aber Zweifel auf.
Feines Detail: beim Größe S-Modell kommt eine kürzere Kurbel mit 170 mm Länge zum Einsatz, bei den restlichen Größen 175 mm.

Die Federungsarbeit wird von einem Custom Fox Float Factory CTD Ferderelement mit Autosag-Funktion (zur automatischen Einstellung des empfohlenen Sags) und Rx Trail Tune übernommen. An der Front befindet sich eine RockShox Pike RC mit Solo Air Spring, Zug- und Druckstufenverstellung, sowie 15 mm Maxle Ultimate-Achse.

Tech Specs 650B

Rahmen:FACT 9m carbon, Trail 650b GeometryKassette:SRAM XG-1180, 11-speed, 10-42t
Größe:S/M/L/XLLaufräder:Roval Traverse 650b, alloy, disc, 29mm inner width, 24/28h, DT Swiss Revolution Speichen
Farbe:Satin Carbon/Red/White, Satin Gallardo Orange/BlackReifen vorne:Specialized Butcher Control, 60TPI, 2Bliss Ready, folding bead, 650bx2.3"
Gabel:RockShox Pike RC 650b, Solo Air spring, 150mmReifen hinten:Specialized Purgatory Control, 60TPI, 2Bliss Ready, folding bead, 650bx2.3"
Vorbau:Specialized XC, 3D forged alloy, 4-bolt, 6-degree riseSattelstütze:Command Post IRcc, cruiser control technology
Dämpfer:Custom FOX FLOAT Factory CTD, AUTOSAGLenker:Specialized, 7050 alloy, 8-degree backsweep, 6-degree upsweep, 25mm rise, 750mm, 31.8mm
Schaltwerk:SRAM X1, 11-speedGriffe:Specialized Sip Grip, light lock-on, half-waffle
Schalthebel:SRAM X1, 11-speed, triggerSattel:Body Geometry Henge Comp, hollow Cr-Mo rails, 143mm
Bremsen:Shimano XTKette:DT Swiss Revolution
Kurbel:Custom SRAM S-2200, carbon, PF30 spindle, 30T, 94mm BCD spider Preis:UVP € 5.999,-
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Viele Komponenten stammen aus der eigenen Schmiede von Specialized. Wie die Vergangenheit schon oftmals bewiesen hat, ist das definitiv kein Nachteil, und manchmal sogar von Vorteil.
So laufen der Specialized Butcher und Purgatory Control 2,3" Reifenmix auf Roval Traverse-Laufrädern mit 24 Speichen vorne und 28 hinten. Wie die Kürzel im Namen unserer zwei getesteten Modelle erahnen lassen, kommen korrelierend dazu 27,5"- bzw. 29"-Größen.

Der 750 mm breite Lenker, Vorbau, Griffe und Teleskopsattelstütze tragen alle das große S als Hersteller-Logo. Gefinkelt: In der Aheadset-Kappe ist ein Kettennieter integriert, unter dem Deckel ist Platz für ein Verbindungsglied.
Die neue Specialized Command Post IRcc bietet zwölf definierte Raster-Positionen, um schneller die passende Sattelhöhe in unterschiedlichen Situationen zu finden.
Details wie die Ausstattung mit einer Teleskopstütze mit 100 mm Absenkung bei Größe S - statt 125 mm bei allen weiteren Größen - um für geringere Extension bei kleineren Fahrern zu sorgen, sind gern gesehen. Noch lieber würden wir zwar kleinere Rahmen mit geringerer Sattelrohrlänge sehen, aber das ist eine andere Geschichte.

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Alle Zeichen auf Vortrieb: Die Federung des Stumpjumper FSR ist auf Effizienz getrimmt, so, wie man es eben von über 25 Jahre Federungsoptimierung erwartet.

Die Abstimmung der Hinterbaufederung mit dem Autosag-Ventil funktioniert grundsätzlich, wir mussten allerdings mehr als die empfohlenen zwei Mal (Wippen auf dem Bike nach dem ersten Mal nötig, um die Luftkammern auszugleichen) auf das Ventil drücken, bis sich der Dämpfer auf den von den Entwicklern gedachten Sag einstellte.
Der danach erzielte Wert wirkt sich in einer Hinterbaufunktion aus, welche den Anforderung an ein modernes Trailbike mehr als gerecht wird. Sensibel im Ansprechverhalten, radiert es auf Wegen unterschiedlicher Beschaffenheit kleine bis mittlere Unebenheiten und Hindernisse effizient aus, ohne dabei das Gefühl zu vermitteln, dass Bewegungsenergie unnütz im Äther der Dämpfungs-Innereien verpufft.

Auch beim Überrollen von Hindernissen behält der Hinterreifen stets Traktion, selbst wenn gerade Zug auf der Kette herrscht. Ein Schwingendrehpunkt des Hauptlagers auf Höhe des Kettenblattes und der FSR-Link am Hinterbau sorgen für eine aktive Federungsarbeit in allen Lebenslagen. Seit der Einführung von Schaltungen mit Einfach-Kettenblatt wurde die Kinematik in Bezug auf Pedalrückschlag auch bei Specialized optimiert, in der Praxis merkt man davon nichts mehr.

Auch bei steilen Bergaufstücken ist das Stumpjumper Expert nicht aus der Ruhe zu bringen. Der griffige Purgatory Control hilft dabei, sich in den Boden zu krallen, während die Front auch ohne Absenkungs-Funktion unbeeindruckt Bodenkontakt behält - selbst dann, wenn der Untergrund in eine rutschige Staubschicht gehüllt ist.
Ebenfalls fein: Das Bike ist mit 30er Kettenblatt ausgestattet und sorgt so für eine Bergauf-Übersetzung, die selbst steilere Anstiegen von halbwegs fitten Beinen bewältigbar macht.

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Aus unerklärlichen Gründen verfügt die neue Specialized Command Post über ein Setback. In Zeiten, wo um steilere Sitzwinkel – für eine optimierte Tretposition – gekämpft wird, stellt sich eine derartige Konstruktion als kontraproduktiv, um nicht zu sagen unsinnig, heraus. Ist die Sitzposition des Specialized grundsätzlich ziemlich balanciert und ausgewogen, könnte mit null Grad Setback nochmals ergonomischer von oben in die Pedale getreten werden.

Abgesehen davon, erzeugt die Stütze einen gewissen Hass-Liebe-Effekt. Der Bedienungshebel in Form eines regulären Schalthebels ist gut gelungen und die leicht spürbare Rasterung beim Absenken oder Ausfahren der Stütze animiert dazu, öfter in einer Mittelstellung in Sektionen zu fahren, die zu technisch für volle Extension, aber zu anstrengend für volle Absenkung sind. Überraschenderweise nahmen wir davon weitaus öfter Gebrauch, als wir es von einer Teleskopstütze ohne Rasterung gewohnt sind.
Unglücklicherweise geht die komplette Absenkung manchmal etwas hakelig vonstatten, und die Stütze wandert kurz nach dem vermeintlichen Einrasten wieder einige Zentimeter nach oben. Meistens greift bei erneuter voller Absenkung der Mechanismus dann, aber man fragt sich, ob die Rasterung an diesem Effekt Schuld trägt und wünscht sich in dem Fall einfach ein Modell, welches den Befehlen des Fahrers bereits nach der ersten Eingabe folgt.

 Da verpufft keine Bewegungsenergie unnütz im Äther der Dämpfungs-Innereien ... 

Zum Ansprechverhalten der Federung
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Sprinteinlagen begegnet das Fahrwerk mit Gelassenheit, allerdings sackt die Hinterradfederung im Wiegetritt im offenen Modus des Hinterbauelements deutlich ein. Erkennen kann dies nur, wer beim Antritt die Federung absichtlich beobachtet, da die Bewegung vom Fahrer nur geringfügig zu realisieren ist.
Dank der Abstützung über den Alu-Umlenkhebel mit Abstützung am Sattelrohr fallen die Hinterbaustreben aus Aluminium kurz aus und resultieren in einem verwindungsarmen Antritt.
Verständlicherweise zieht hier die Variante mit den größeren Laufrädern in puncto Beschleunigung eindeutig den Kürzeren – um die 29"-Laufräder in Schwung zu bekommen, bedarf es etwas mehr Muskelkraft, als mit den kleineren Pendants.

Wem das Bike während des Tretens – egal ob im Sitzen oder Stehen – dennoch zu viel arbeitet, der kann zwischen den drei Modi des Hinterbaudämpfers mittels des leicht zugänglichen Bedienungshebels schnell umschalten. Descend bergab, Trail für ein wippfreies Treten – welches in ruppigen Passagen dennoch die Schlagspitzen minimiert – und Climb für maximalen Vortrieb auf Asphalt und Forststraßen machen Sinn. Wirklich genötigt gefühlt, den Hebel von der offenen Abfahrtsposition hin zu geschlosseneren Varianten zu verstellen, haben wir uns allerdings nie. Ein Fakt, der für das gelungene Setup der Federung spricht.

Das Gesamtgewicht von 12,8 kg ohne Pedale (12,5 kg beim 650B) macht das Bike zwar nicht zum Klassenbesten, fällt aber nicht unangenehm auf und lässt auch ausgedehnte Touren und Erkundungsfahrten zu.
Wer gerne auch einmal ohne Rucksack unterwegs ist, bekommt mit dem Stumpjumper FSR die perfekte Reiselösung präsentiert. Mit Flaschenhalter und dem darunter befindlichen Staufach verschwinden Werkzeug, Ersatzschlauch und andere Kleinteile unsichtbar im Rahmen.

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Down

In engen Kehren und verwinkelten Schlangenlinien-Passagen glänzt das Stumpy mit seinen kurzen Kettenstreben. Flink lässt es sich von einer Kurve in die nächste bugsieren, Lastwechsel setzt es mit seinem steifen Chassis schnell in Richtungswechsel um. Bei der 27,5"-Ausführung weniger verwunderlich, schlägt sich aber auch das 29"-bereifte Modell in dieser Disziplin überaus wacker. Erst in engeren Spitzkehren fällt einem die etwas trägere Schwerpunktverlagerung auf, allerdings ohne das Gefühl zu vermitteln, einen Öltanker durch die Donau bugsieren zu wollen. Ein Beigeschmack, der uns gelegentlich bei 29-Zöllern in der Vergangenheit durchaus schon vermittelt wurde. Dank der sehr kurzen Kettenstreben und dem gemäßigten Radstand des Specialized-Vertreters bietet sich beim Expert FSR hier allerdings kaum Grund zum Meckern.
Je kurviger der Trail also, desto mehr Fahrfreude. Mit seinem sehr niedrigen Tretlager von 335 mm wird der Fahrer sehr tief zwischen den Naben eingebettet (beim 29er noch mehr als beim 27,5er), und lassen sich die Kurven zielsicher in Angriff nehmen – starke Schräglagen dank gutem Reifengrip inklusive.

Nur bei Nässe ist etwas Vorsicht geboten, da dort die Traktion der Butcher/Purgatory-Kombo etwas zu wünschen übrig lässt. Bei feuchten Wurzeln und Steinen rutscht die relativ harte Gummimischung der Reifen schnell von der Oberfläche ab und findet erst wieder auf Erdboden besseren Grip. Ein Absenken des Luftdrucks hilft in solchen Situationen, dann steigt allerdings auch die Chance auf Platten.
Wer grundsätzlich auf der Suche nach Extra-Grip ist, der sollte sich alternativ das 27,5" Plus-Modell des Stumpjumper FSR Expert etwas genauer ansehen. Faszinierend, wie viele Varianten von einem Ausgangsmodell Specialized offeriert.

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Selbst bei höheren Geschwindigkeiten braucht sich das Stumpjumper FSR nicht zu verstecken. Der 67er-Lenkwinkel (beziehungsweise um ein halbes Grad mehr beim 29er) sorgt für hohe Laufruhe und erlaubt es, sich Stück für Stück an seine eigenen Grenzen heranzutasten. Überhaupt weckt die ausgewogene Geometrie viel Vertrauen, sodass man das Bike einfach laufen lässt, frei nach dem Motto: „Draufsetzen und Wohlfühlen.” Je weniger Gedanken man sich um seinen fahrbaren Untersatz machen muss, desto mehr Zeit kann man sich auf den Trail konzentrieren.

Dort werden kleine und mittlere Schläge effizient von der Federung eliminiert. Selbst von Wurzelfeldern und gröberen Steinfeldern lässt sich das Stumpy wenig beeindrucken, natürlich mit dem Nachsatz, dass sich die spezifischen Abstimmungen der 150 mm Federweg bei der 27,5"-, beziehungsweise 135 mm Federweg bei der 29"-Ausführung des Stumpjumpers nicht ganz mit dem sänftenartigen Schluckvermögen mancher Enduros vergleichen lassen. Müssen sie aber auch nicht. Das nötige Fahrkönnen vorausgesetzt, lassen sich auch knifflige und verblockte Trails mit dem FSR Expert relativ gut meistern und bescheren dem Bike somit einen verdammt großen Einsatzbereich.
Das liegt auch an der balancierten Kombination aus Fox Float und RockShox Pike RC, letztere mit 140 mm Federweg bei 29" und 150 mm bei 27,5". Mit dem empfohlenen Luftdruck als Richtwert lässt es sich gut losstarten, für Feintuning stehen sogar Aftermarket-Spacer zur Justierung der Federkennlinie zur Verfügung.
Einzig bei höheren Sprüngen mit flacher Landung scheint die Hinterradfederung etwas überfordert. Der schnelle Aufschlag lässt den Dämpfer bis zum Anschlag durchrauschen und resultiert in einer etwas unsanften Situationsbewältigung. Nachdem diese Situation bei den meisten Piloten eines Trailbikes wohl eher selten eintritt, wird dieser Umstand aber vermutlich die wenigsten Fahrer stören.
Alternativ kann trotz Autosag der Luftdruck auch im Dämpfer höher als empfohlen gefahren werden, was einerseits die Treteffizienz nochmals erhöht, andererseits allerdings etwas zu Lasten des Fahrkomforts geht. Irgendwo dazwischen befindet sich der Sweet-Spot, den im Endeffekt jeder für sich selbst finden muss, sofern gerne getüftelt wird und nicht mit der Autosag-Einstellung von Specialized übereingestimmt wird.

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Im Endeffekt fühlen sich die unterschiedlichen Federwege in Kombination mit den verschiedenen Laufradgrößen ähnlich an, ein wirklich direkter Vergleich zwischen „Äpfeln“ und „Birnen“ wird aufgrund des unterschiedlichen Fahrverhaltens wohl nie wirklich möglich sein. Auf welchen der beiden Modelle man letztendlich schneller bergabfahren können wird, hängt immer noch vom Fahrer selbst und dessen Wohlfühlfaktor am Bike ab.
Mit Stoppuhr bewaffnet, sollte rein theoretisch die 29"-Variante vor allem in variierendem Gelände – trotz geringerem Federweg – knapp die Oberhand behalten.

Shimanos XT-Bremsen verzögern passabel, mit gesinterten Nachrüst-Bremsbelägen der Marke Kool Stop ist diese Beurteilung auf sehr gut anzuheben. Vor allem bei langen und steilen Bremspassagen wandert der Druckpunkt leicht, was zwar kein Drama, aber für Feinfühlige etwas nervig ist. Vermutlich ist es uns beim Stumpjumper stärker aufgefallen als sonst, da bei Größe S und M nur 180/160 mm Rotoren eingesetzt werden, bei L und XL 200/180 mm Discs. Diese Variation (vor allem in Bezug auf die 160er Scheibe) wirkt bei einem Trailbike mit 150 mm Federweg schlecht durchdacht und macht selbst bei leichten Fahrern unserer Meinung nach keinen Sinn. Weniger noch unter dem Gesichtspunkt, dass es sicher auch genügend Piloten gibt, die nicht mit perfekten BMI und der Handkraft eines Bodybuilders auf einem kleinen oder mittelgroßen Rahmen unterwegs sind und bei zügiger Fahrweise nicht im nächsten Baum landen wollen. Im Großen und Ganzen gehört die XT dennoch zu einer unserer liebsten Bremsen auf dem Markt.

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Fazit

Specialized Stumpjumper FSR Expert
Modelljahr:2016
Testdauer:1 Wochenende
+effizientes Fahrwerk
+tiefes Tretlager mit feinem Kurvenverhalten
+flacher Lenkwinkel
oS-Fan-Preis
oReifengrip bei Nässe
obei flachen Landungen neigt Dämpfer zum Durchschlagen
-Bremsscheiben bei S/M zu klein
-Teleskopstütze mit Setback und hakeliger Rasterung in komprimierter Position
BB-Urteil:Trailverliebt und quietschvergnügt lädt das Bike zum vielseitigen Herumkurven ein.

Das Stumpjumper FSR Expert ist auch in seiner 2016er-Verkörperung ein Garant für hochgezogene Mundwinkel, während die Bäume an einem vorbeifliegen und die Laufräder in Schlangenlinien über enge Wege tanzen.
Es gibt leichtere Modelle in dieser Preisklasse, die allerdings nicht unbedingt über die Abfahrtseigenschaften des Stumpy verfügen. Auf der anderen Seite des Spektrums existieren Modelle mit einer Extra-Portion Abfahrtspotenzial, die aber bergauf nicht unbedingt beflügeln. Das Stumpjumper FSR Expert liegt mit seinen Eigenschaften irgendwo dazwischen und streckt seine Fühler in beide Richtungen. Wer gerne aufgrund des effizienten Fahrwerks mit Elan auf den unterschiedlichsten Trails dieser Welt voranprescht, wird im Stumpjumper FSR Expert einen treuen Begleiter finden. Dann darf die Tour auch einmal ausgedehnter werden und in unbekanntes Territorium führen.

Details wie das versteckte Ablagefach im Carbon-Unterrohr oder der in der Aheadset-Kappe integrierte Kettennieter samt Ersatz-Link zeugen von Ingenieursgeist und machen das Bike in dieser Hinsicht einzigartig.
Der Preis ist recht heftig, aber angesichts der hohen Qualität zumindest teilweise zu rechtfertigen. Specialized hat aber gerade im hochpreisigen Segment vor allem mit Versender-Firmen harte Konkurrenz. Dafür kann man davon ausgehen, dass sich im Händlernetz von Specialized nur langjährige Experten befinden, von der stets wachsenden Anzahl an Factory-Stores einmal ganz zu schweigen.

Die Wahl zwischen Expert 650B und Expert 29 wird einem im Fall des Stumpjumper FSR wahrlich nicht leicht gemacht, da die negativ beeinflussenden Faktoren - meistens v.a. Trägheit - speziell beim 29er-Modell durch smarte Geometrie-Lösungen geringer ausfallen als sonst. Dass die großen Laufräder schwerer zu beschleunigen sind, sich dann aber überrollfreudiger zeigen, daran ändert auch das Fahrwerk nichts.
Somit gilt auch im Fall des Stumpy: Freunde verspielter Fahrweisen wählen am besten 27,5", Fahrer auf der Suche nach Höchstgeschwindigkeit und dem Weg des geringsten Widerstandes 29". Falsch machen kann man in Wirklichkeit mit beiden Entscheidungen nichts.

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